Konzept
Alyssa Aska und Alberto Arroyo treffen auf Nicola Vicentino und Emilio de’ Cavalieri. Was alle vier Komponist:Innen verbindet, ist das Experimentieren und die Suche nach der Enharmonik, der wohlklingenden Dissonanz und dem chromatischen Aufteilen eines Tons.
Gleich einem Labyrinth irren die verschiedenen Kompositionen durch einen Nebel von Orientierungsschwierigkeiten, verschwimmen die Töne und die Verhältnisse zueinander. Darüber hinaus gleichen sich die Komponist:innen in der Suche nach grundlegenden Strukturen in der Musik und deren Hinterfragung.
Das Labyrinth diente über Jahrhunderte hinweg verschiedenen Kulturen als Projektionsfläche auf der Suche nach Erkenntnis: Ein verschachtelter Ort der Orientierungslosigkeit, des Suchens, der Sackgassen und Unsicherheiten. Der oder die Suchende ist immer wieder gefangen im Prozess der Verunsicherung, des Sich- Infragestellens und der Angst angesichts drohender Resignation und Scheitern. Aktuelle gesellschaftliche Unsicherheiten, ein Schwanken auf löchrigem Boden und ein immer wieder verstellter Blick in Kurzsichtigkeit und fehlender Orientierung angesichts sich vielfältig widersprechender Informationen – hierin besteht ein ganz akutes Anliegen, sich musikalisch mit dem Thema der Täuschung und des Umherirrens zu beschäftigen. Gleichzeitig holen uns persönliche Erinnerungen immer wieder ein. Da wiederholen sich einzelne Elemente und tauchen in anderem Kontext wieder auf, verwirren und führen an der Nase herum oder lassen besondere Gefühle oder Misstrauen entstehen.
Ein besonderer Umgang mit dem Verorten von Klängen und Sounds im Raum über Spiegelungen, Distanzen, Verschiebungen, Dopplungen, An- und Abwesenheiten oder Unsichtbarkeiten prägt das Projektvorhaben sowohl konzeptuell als auch in seiner räumlichen Anlage.
Idealerweise ist die zeitgleiche Nutzung mehrerer Räume für das Projekt möglich und das Publikum in der Lage, zwei- bis dreimal den Ort zu wechseln. Auch eine Teilung der Gruppe ist denkbar.
Die räumliche Gestaltung orientiert sich an einer poetischen, surrealen Bildsprache in minimalistischer Handschrift. Auch Gerüche einzelner Materialien und deren Veränderung spielen eine Rolle im Rezeptions- und Erinnerungsprozess. Irritation und Orientierungslosigkeit gilt es in besonderer Anordnung der Sänger:innen und des Publikums im Raum zu bestimmen und mit Hilfe räumlicher Modifizierungen zu unterstützen. Hierbei treffen weiche auf harte, flexible auf starre Werkstoffe. Einzelne Details tauchen jedoch (entsprechend eines roten Fadens) an den verschiedenen Orten immer wieder unvermittelt in unterschiedlichem Kontext auf.
Ziel
Unser Ziel besteht darin, ein vielseitiges und innovatives Programm zu präsentieren, in dem die Begriffe Orientierung und Mikrointervalität im 16. Jahrhundert musikalisch und räumlich thematisiert und reflektiert werden.
In gleicher Weise möchten wir neues Repertoire schaffen: Werke heutiger Schaffender werden im engen Dialog mit den innovativen enarmonischen-mikrointervallischen Kompositionen Vicentinos und Cavalieris gespielt. Unsere Besetzung mit historischen Instrumenten und Vokalensemble bietet besondere Ausdrucksmöglichkeiten und damit möchten wir neue Konzertformate gestalten sowie kohärente Verbindungen zwischen Tradition und Innovation bilden. Ziel dieser Auseinandersetzung ist es, den heutigen Menschen besser zu verstehen.
Umsetzung des Projekts
Zunächst erfolgt die musikalische Erarbeitung des Materials. Die Partituren des 16. Jh. werden recherchiert und einstudiert. Die KomponistInnen Aska und Arroyo werden parallel neue Werke zur gleichen Thematik schreiben. Ein Arciorgano – Tasteninstrument von Vicentino konzipiert mit Fünfteltönen pro Oktave– wird programmiert.
Der Aufbau der Räumlichkeiten wird im Vorfeld in Absprache zwischen musikalischer und ausstattender Seite vorbereitet. Die Suche nach nachhaltigen Materialien wird gestaltet.
Programm
Nicola Vicentino Madrigal “Dolce mio ben”
Alyssa Aska Ut queant laxis Fragment 1
Nicola Vicentino Madrigal “Madonna, il poco dolce”
Alyssa Aska Ut queant laxis Fragment 2
Nicola Vicentino Madrigal “Soav ́e dolc ́ardore”
Alyssa Aska Ut queant laxis Fragment 3
Nicola Vicentino Madrigal “Musica prisca caput”
Alyssa Aska Werk 4 (UA)
Emilio de Cavalieri Lamentatio Hieremiae Prophetae (Auswahl) ca. 20 Min
Alberto Arroyo UA 15-30 Min
Musiker
AuditivVokal Dresden
Sopran 1: Anne Stadler
Sopran 2: Katharina Salden
Alt: Stefan Kunath
Tenor: Andras Adamik
Bass: Cornelius Uhle
ContinuumXXI
Blockflöte: Moisés Maroto
Barockgeige: Adrián Pineda
Gambe: Amarilis Dueñas
Cembalo/Arciorgano: Darío Tamayo
Künstlerische Leitung: Olaf Katzer
Dramaturgia espacial: Romy Rexheuser
Projektmanagement: Nicole Meier & Carlos Cárdenas